Nicht einzeln wegduckenkonkurrieren, kannibalisieren – gemeinsam STREIKEN!
Was der Haushaltsbeschluss des Dresdner Stadtrats und die Mittelkürzungen im Bildungs-, Kultur-, Jugend-, Sozial- und Gleichstellungsbereich mit dem Frauenstreik am 8. März zu tun haben
Der von der neuen Dresdner Stadtratsmehrheit aus CDU, FDP, AfD und „Bürgerfraktion“ beschlossene Haushalt für 2019/20 hat mit einem Kahlschlag in der Bildungs-, Kultur-, Jugend-, Sozial- und der Gleichstellungsarbeit viele stadtbekannte Initiativen, Träger und Projekte in eine prekäre und teils existenzbedrohte Lage gebracht.
Besonders betroffen sind dabei auf Seiten der Trägerinnen wie der Nutzerinnen nicht umsonst v.a. Frauen. Schließlich sind sie es, die weiterhin den Großteil von Reproduktions- und Sorgeaufgaben tragen, die nicht vollständig profitabel, zeiteffizient und marktförmig organisiert werden können – vom Aufziehen der Kinder, der Unterstützung Kranker und Pflegebedürftiger bis zu den vielfältigen Sozial-, Kultur- und Bildungsaufgaben, die für die Ausbildung mündiger Bürger*innen, aber auch für ein lebenswertes Leben vorausgesetzt wären. Für große Teile dieser Aufgaben setzt die Gesellschaft – im heiligen Namen von Liebe und Familie – ganz auf die kostenneutrale Überausbeutung weiblicher Gratisarbeitskraft. Ds ist eine Grundlage heterosexistischer Hierarchien Ausbeutungsverhältnisse ungleicher Lebenschancen sexistisch-patriarchale Muster der Abwertung und der strukturellen sexuellen Gewalt gegen Frauen Gleichstellungsarbeit und viele Formen sozialer Unterstützung erst so bitter notwendig. Bis zu einem gewissen Grad hat an deren Unterstützung die kapitalistisch-patriarchale Gesellschaft selbst ein Interesse. Schließlich muss der Laden ja weiterlauf – von der Altenpflege über die sexuelle, intellektuelle, gesundheitliche, emotionale und psycho-soziale Betreuung der Männer, damit die in ihren wichtigen Jobs funktionieren, bis zu Kindern, die in ausreichender Zahl geboren und in hinreichender Qualität großgezogen werden müssen, damit es morgen noch genügend Arbeitskräfte, Soldatinnen, Unternehmerinnen, politisch-ökonomische Eliten gibt, die weiter am Untergang des Planeten arbeiten können.
Hier braucht es Ausgaben der öffentlichen Hand für den sozialpolitischen Notreparaturbetrieb, um in den Burnout getriebene oder sonst überlastete Frauen wieder fit zu machen, vor allzu offener Gewalt zu schützen oder durch konkrete Angebote zu unterstützen. Außerdem soll Frau heute zwar weiterhin den Großteil der rbeit gratis leisten, aber nebenbei (als eierlegende Wollmilchsau) auch auf dem Arbeitsmarkt gleichberechtigt ihren Mann stehen. Das dann freilich überproportional wieder in eben jenen Sozial-, Bildungs- und Care-Berufen, die oft ebenso hoch qualifiziert aber schlechter bezahlt sind als die Arbeit überwiegend männlicher Leistungs- und Verantwortungsträger ( Bomben erfinden, bauen, verkaufen und werfen, Ressourcen vernichten, kurz: Geld machen). Denn in einer Gesellschaft, die für das absurde Spiel, aus Geld immer mehr Geld zu machen, beständig daran arbeitet, die ökologischen und sozialen Grundlagen eines möglichen guten Lebens zu ruinieren, gibt es beim ‚Gedöns‘ (G. Schröder) der unprofitablen Sozial-, Bildungs-, Umwelt- und Familienarbeit zwar immer mehr als genug zu tun, aber immer zu wenig Geld.
Das gilt seit die neoliberale Ökonomisierung des Sozialen die Prekarisierung entsprechender Berufsfelder vertieft hat. Wo unsichere Mittelzuweisungen am seidenen Faden knapper parlamentarischer Mehrheitsverhältnisse hängen, also der Willkür des Fraktions- und Koalitionsgeküngels ausgesetzt sind, reicht es dann, wenn vier für SPD und Linke gewählte Stadträte ihre Parteien verlassen, um gemeinsame Sache mit konservativen bis stramm rechten Parteien zu machen, um viele Projekte noch weiter an den Rand der Existenz zu drängen. Das dürfte freilich nur ein Vorgeschmack auf jene Einschnitte sein, die ganz Sachsen im (nicht unmöglichen) Fall einer CDU-AfD-Regierung nach der nächsten Landtagswahl drohen. Und auch abgesehen von der Frage ob die sächsischen CDU den Steigbügelhalter für die AfD spielt, hat sie seit langen mit einer Schul- und Bildungspolitik im Dauerkrisenmodus ihre Wertschätzung dieser Bereiche hinreichend dokumentiert.
Was können und sollten von den en und noch erwartbaren Kürzungen und Kahlschlägen in den Gleichstellungs-, Kultur-, Bildungs- und Sozialbereichen betroffene Menschen nun tun? Das in vielerlei Hinsicht naheliegende wäre es, genau die Rolle anzunehmen und auszufüllen die Frauen gesellschaftlich ohnehin zugewiesen wird und auf die sich implizit oder explizit auch viel liberale, konservative bis rechtsradikale Parteien verlassen. Also im Namen der Verantwortung für notwendige gesellschaftliche Aufgaben oder auch für konkrete Menschen, die man damit bisher unterstützt hat, für weniger oder gar kein Geld, die Angebote weiter aufrecht zu erhalten. Also das was bisher auf ganzen Stellen geleistet wurde auf halben oder drittel Stellen anzubieten was politisch dann nur bestätigt, dass auch die verbliebenen Ausgaben überflüssig sind und die Arbeit auch ganz ehrenamtlich gestemmt werden kann.
Ebenso nahe liegt es wohl leider auch, das beliebte Spiel der Selbstkannibalisierung mitzuspielen. Also unter Bedingungen weiter verknappter Mittel zu sehen, welche Teilprojekte und Initiativen die anderen zuerst auffressen, um selbst länger zu überleben. Eng damit verbunden wäre wohl ein Wettrennen in Fragen politischer Opportunität, Anpassung und Unterordnung. Es ginge also darum bevorzugt Teilprojekte und/oder Personen zu opfern, die politisch Ecken und Kanten oder gar emanzipatorische Ansprüche haben, um sich auf ein „Kerngeschäft“ zurückzuziehen, von dem, dass es in jedem politischen System irgendwie notwendig und insofern unterstützenswert bleibt. Soziale und reproduktive Aufgaben für die Volksgemeinschaft und die Wertschätzung und Förderung der kosmischen Kraft deutscher Mutterschaft standen schließlich auch im NS hoch im Kurs es großen Teilen der bürgerlichen Frauenbewegung sich selbst gleichzuschalten, um unter neuen Bedingungen weiter Frauenarbeit zu machen. Wer sich rechtzeitig von allem trennt, was künftig unter den Verdacht geraten könnte, von rechts zu feministisch oder zu links zuen, kann vielleicht doch etwas für sich oder für die Sache retten, auch wenn dafür vieles andere geopfert werden muss.
Die andere vielleicht nicht so naheliegende, anstrengendere in ihren individuellen Erfolgsaussichten auf den ersten Blick sehr viel ungewisser, bei der aber im Unterschied zur ersten alle ewinnen, besser eben und rbeiten und sich morgens noch im Spiegel ansehen könnten.
Dazu gibt es am 8. März mit dem Frauen*streik eine Möglichkeit auch in Dresden zu zeigen: Wenn wir die Arbeit niederlegen, steht die Welt still! Aber auch um gemeinsam zu überlegen, wie die allzuoft getrennten sozialpolitischen und feministischen Kämpfe besser verbunden werden können und wie mensch die Welt anders und besser wieder zum Laufen bringt.