Aufruf: Streik am 8. März 2021 – Nicht zurück zum Normalzustand!

Aufruf der AG Feministische Kämpfe in der FAU Dresden zum 8M 2021

In Krisenzeiten tritt patriarchale Herrschaft noch deutlicher zutage als sowieso schon. Der feministische Streik als praktische Verweigerung ist wichtiger denn je. Seit Jahren gibt es internationale feministische und Frauen-Streik-Bewegungen, sogar im streikfaulen Deutschland. Wir als kämpferische Basisgewerkschaft wollen diese Bewegungen gern stärken, wir sind selbst Teil von ihnen.Was uns seit Jahren beschäftigt: Wie können wir langfristig wirklich massenhaft streikfähig werden, damit wir feministische Forderungen durchsetzen können? Auch (aber nicht nur) in der bezahlten Lohnarbeit? Wir trauen uns vieles nicht, manchmal wissen wir auch einfach nicht Bescheid über unsere Rechte und Möglichkeiten. Unsere Streikrechtsbroschüre von 2019 hat auch in der Corona-Zeit noch Gültigkeit. In Ergänzung dazu gehen wir hier den Fragen nach, wie Streiken während Corona eigentlich konkret aussehen kann? Wie erlangen wir Streikfähigkeit bzw. was können wir jetzt schon tun?

Was würden denn Frauen und Queers bestreiken, wo arbeiten und lernen wir denn? Das sind vielfach die sogenannten “systemrelevanten” Berufe, wie Krankenpflege, Soziale Arbeit und Bildung… Es sind Schulen und Ausbildungsstätten. Es ist aber auch die v.a. von FLINTA (Fußnote: Frauen, Lesben, inter, nichtbinären, trans und agender Personen) geleistete Haus- und Sorge-Arbeit, sei es im Job, zu Hause, in der Nachbar:innenschaft… Oft arbeiten wir irgendwie anders als in einem klassischen Produktionsbetrieb, wo im Streikfall die gesamte Belegschaft auf Streikposten mit verschränkten Armen das Werkstor bewacht und das “Fließband” still steht. Unsere Arbeit ist oft unsichtbar und wird v.a. dann sichtbar, wenn sie plötzlich nicht mehr passiert (siehe dazu Video der Kabarett-Sendung Browser Ballett).


Und das Fiese an Sorge-Arbeit ist, dass sie vielfach nicht einfach niedergelegt werden kann, ohne dass Menschen leiden oder gar sterben würden.Ein feministischer Streik muss deshalb immer auch ein solidarischer Streik sein: u.a. Sorge-Arbeiter:innen können “weiche” Streikformen erproben, aber noch wirksamer ist es, wenn zusätzlich andere klassisch in den Streik treten, nicht nur für ihre eigenen Interessen, sondern auch stellvertretend für die Sorge-Arbeiter:innen und für die Durchsetzung ihrer Forderungen.

Corona ändert daran nur, dass diejenigen, die sich jetzt eigentlich umso mehr organisieren und streiken müssten, es noch weniger können. Gleichzeitig sind viele von uns ins Home-Office umgezogen und das “Werkstor” ist die eigene Haustür. Das führt aber nur zu immer mehr und neuen Streikformen!

Was also können wir konkret tun?

Verschiedenes verweigern: Tu etwas nicht!

  • Einfach mal keine Mails lesen und schreiben, niemandem hinterher telefonieren oder erst gar nicht … aufstehen.
  • Kommunikation bestreiken, z.B. durch Abwesenheitsnotizen in sozialen Medien, Email, auf der Mailbox etc.
  • Tritt in den Lächelstreik: Es gibt gerade und gab auch schon vor Corona nicht allzu viel zu lachen, deswegen tu es einfach mal nicht und brich mit der Erwartung, gerade an FLINTA, immer freundlich und zuvorkommend zu sein.
  • Bandagiere deine Hände und sag, dass du heute auf gar keinen Fall was tippen kannst. Haushaltsunfälle sind die häufigsten Arbeitsunfälle, auch wenn sie nicht als solche anerkannt werden.
  • Bummelstreik: alles seeeeeehhhhhhhhhrrrrrrrr laaaaaangsaaaaaaam tuuuun… auch reden.
  • Oder du hast vielleicht Erkältungssymptome und bleibst deswegen sicherheitshalber zu Hause. Oder lasst euch gleich krank schreiben. Aktuell ist das noch mindestens bis zum 31. März 2021 telefonisch möglich. 
  • Vielleicht streikt aber auch das Internet oder dein PC zu Hause und du kannst deswegen nicht arbeiten oder an einer Videokonferenz teilnehmen.
  • Wenn du gerade keinen bezahlten Job hast: keine Mails vom Jobcenter oder Arbeitsamt öffnen, Telefonate beantworten oder Bewerbungen schreiben.
  • Dokumentationsstreik, z.B. in der Pflege: zwar kannst du vermutlich nicht aufhören, deine Patient:innen zu pflegen, aber du kannst dich weigern, deine Arbeit zu dokumentieren, was für die Abrechnung der Leistungen bei Krankenkassen etc. wichtig ist.
  • Streik, also die komplette Arbeitsniederlegung.
  • Und wenn du, aus welchen Gründen auch immer, nicht streiken kannst, könnte ja aus Versehen auch immer noch was kaputt gehen… Scherben bringen Glück!

Möglichkeiten der Streik-Ansage: Sag, dass du streikst!

  • Transparent/Plakat am Fenster a) an bestreikter Arbeitsstelle b) am eigenen Fenster zu Hause. Wo ist gerade dein “Werkstor”?
  • Mach eine kämpferische Mittagspause: Geh raus aus dem (Home) Office, nimm dir ein Transparent/Plakat mit deiner Streikansage oder -forderung mit, setz dich auf einen Stuhl, mach Fotos und teile diese, zum Beispiel mit deinen Kolleg:innen.
  • in Videokonferenzen:
    • Transparent/Plakat oder Äquivalent im Hintergrund (oder Vordergrund?!)  nutzen. Da könnte z.B “Ich streike, weil…” oder deine Forderung draufstehen.
    • die Konferenz in der Küche stattfinden lassen und dabei Hausarbeit erledigen, um zu zeigen, dass die auch gemacht werden muss – bei all der Lohnarbeit, die gerade zu Hause stattfindet.
    • Kinder mit einladen, oder sie zumindest nicht davon abhalten, reinzugrölen und in die Tasten zu greifen.
    • im Schlafanzug teilnehmen.
  • Streikerklärung per Email an Chef:innen, Lehrer:innen usw. verschicken
  • Gemeinsam mit anderen Mal-Verteiler, Adresslisten und Social Media-Kanäle mit unseren Streikmeldungen, -mitteilungen und -gründen fluten
  • Schreibe eine Überlastungs- bzw. Gefährdungsanzeige an deine:n Chef:in.
  • Wenn du gerade keinen bezahlten Job hast: Wenn beim Jobcenter oder Arbeitsamt pausenlos Leute mit unterdrückter Nummer die Infonummer anrufen würden, wären die Kanäle schnell blockiert. Und vielleicht freuen sich ja die Mitarbeiter:innen im Telefonservice darüber, wenn ihnen jemand eine schönere Warteschleifenmusik vorspielt und ihnen so auch mal eine Pause verschafft?

Der 8. März ist ein guter Anlass, um zum Beispiel eine Videokonferenz als Streikposten oder Streik-Café zu nutzen, dich mit deinen Kolleg:innen zum entspannten Frühstück zu treffen und dich mit ihnen über eure Arbeitsbedingungen und wir ihr die langfristig verbessern könntet, auszutauschen.
Denn: Je mehr und je organisierter wir sind, umso besser können wir mögliche negative Konsequenzen unserer Streiks und Aktionen gemeinsam abfedern und die positiven gemeinsam genießen.

Wir streiken – für: Nicht Zurück zum Normalzustand!
Weitere Infos hier:

 

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