Als Initiative Grüne Gewerke innerhalb der Basisgewerkschafts-föderation FAU¹ erklären wir, Arbeiter:innen aus Landwirtschaft, Gartenbau, Forst und Umweltberufen, unsere entschiedene Solidarität mit den Protesten gegen die Beschlüsse zur Streichung von Agrardieselrückvergütung und Kfz-Steuerbefreiung. Es ist ein Unding – wenn auch leider nicht verwunderlich – dass die Regierung den Rotstift bei dieser lebenswichtigen und seit Jahrzehnten von Existenzängsten, Überarbeitung und Prekarisierung geprägten Branche ansetzt, während beispielsweise schädliche Sektoren wie die Aufrüstung unangetastet bleiben – ebenso wie die Vermögen der Reichen.
Die aktuelle politische Auseinandersetzung ist dabei keine um das Thema Klimaschutz. Die Streichung dieser landwirtschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen wird die Landwirtschaft nicht ökologischer gestalten, weil sie keinerlei Spielraum für eine Umstellung der Produktion hin zu weniger Treibstoffeinsatz schafft, ihn eher noch nimmt. Ökologische Weichen versuchten verschiedene landwirtschaftliche Akteur:innen in den letzten Jahren selbst zu stellen, bspw. mit der Arbeit der Borchert-Komission und der Zukunft-Komission Landwirtschaft. All diese Vorschläge wurden von verschiedenen Regierungen ignoriert. Die aktuelle politische Auseinandersetzung ist für uns daher vorallem ein Versuch, Krisenkosten auf die Landwirtschaftsbranche abzuwälzen. Wir fordern eine klare Rücknahme der Streichungen!
Leider versuchen nun verschiedene Akteuer:innen den Protest der Bäuer:innen in einen rechten Aufstand zum Sturz der Ampelregierung zu verwandeln. Davon haben wir in der Landwirtschaft nichts gutes zu erwarten: Ein Blick ins Parteiprogramm mancher dieser Schreihälse, macht schon deutlich, dass uns mit einem evtl. Wahlsieg nicht weniger sondern mehr Existenznot ins Haus stünde². Andere versuchen von den Milliarden Steuergeldern abzulenken, die den Rüstungskonzernen oder Milliardären vom Format eines Elon Musk³ zugeschustert werden, indem sie versuchen uns landwirtschaftliche Beschäftigte gegen Erwerbslose oder Geflüchtete (oft selber aus der Landwirtschaft) aufzuhetzen⁴.
Wir werden nicht so dumm sein, uns von den einen Pfeffersäcken gegen die anderen aufhetzen zu lassen. Die Proteste, die für das neue Jahr angekündigt sind, sollen gleichzeitig zu den Streiks der Lokführergewerkschaft GdL stattfinden und werden durch genau dieses Zusammenspiel ihre Kraft entfalten. Wir wünschen den Kolleg:innen von der Bahn alles erdenklich gute für ihren Arbeitskampf und wollen hiermit unterstreichen, dass wir in der Landwirtschaft keine neuen aufgeblasenen politschen Führer:innen brauchen, sondern genau diese gegenseitige Solidarität, dieses Zusammenspiel der Werktätigen.
Wir fordern deshalb alle Gewerkschafter:innen und alle basisorientierten, linken Kräfte im Land auf: Beschäftigt euch mit der Lage der Bäuer:innen und unterstützt ihre Proteste. Und wir fordern alle Bäuer:innen im Land auf: Beschäftigt euch mit den Arbeitskämpfen in anderen Branchen und den sozialen Bewegungen. Wenn das nächste mal jemand gegen die streikenden Lokführer:innen hetzt, denkt daran, wie gegen unsere Blockaden gehetzt wird und lasst es nicht so stehen. Lasst keinen Raum in den bäuerlichen Protesten, für die, die uns nur als Steigbügelhalter:innen für die nächste bäuer:innenfeindliche Regierung missbrauchen wollen und die davon Leben, die Werktätigen zu entzweien.
Als Gewerkschafter:innen formulieren wir aber auch klar: Ein Kampf um die Zukunft der landwirtschaftlichen Betriebe kann nur gleichzeitig mit einem Kampf um bessere Arbeitsbedingungen in unserer Branche geführt werden. Das schließt insbesondere die Saisonkräfte mit und ohne Papiere ein. Allen abhängig beschäftigten, soloselbstständigen und erwerbslosen Kolleg:innen raten wir, die Situation zum Anlass zu nehmen sich zu organisieren und in den Protesten auch die Perspektive der Landarbeiter:innen hörbar zu machen.
Initative Grüne Gewerke in der FAU
¹ Freie Arbeiter:innen Union
² Die AfD fordert in ihrem Grundsatzprogramm für die Landwirtschaft bspw. “Mehr Wettbewerb, weniger Subventionen” und will die EU-Agrar-Subventionen ganz zurück fahren.
³ So gehen bis zu 400 Millionen Euro aus Landes- und EU-Mitteln allein in das umstrittene Tesla-Werk in Grünheide, Brandenburg https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2020-02/tesla-subventionen-gruenheide-elektromobilitaet-elon-musk
⁴ Bspw. der bayrische FW-Politiker Aiwanger am Rande der jüngsten Proteste in Berlin gegenüber der “Welt”