Aussetzen der Alternativen Schüler_innenvernetzung

Liebe Sympathisant_innen,

nach einigen Diskussionen haben wir uns als Schwarze Rose dazu entschlossen, dass wir die Alternative Schüler_innenvernetzung für Mittwoch absagen. Auch wenn Jugendliche nicht zur Hauptrisiko-Gruppe gehören, übertragen wir das Corona-Virus doch weiter und gefährden damit andere Menschen massiv. Wenn wir den Virolog_innen¹ glauben, dann ist soziale Distanznahme, also das Vermeiden von Kontakten zu anderen Menschen, gerade das einzige Mittel um die Überlastung des Gesundheits-Systems und damit auch die Todesrate zu minimieren.

Beim feministischen Streikmobil forderten wir bessere Sexualaufklärung und verteilten Kondome mit der Forderung nach freiem Zugang zu Verhütungsmitteln und gesundheitlicher Aufklärung. Bei den Fridays-For-Future-Demonstrationen fordern wir immer wieder ein, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Klima-Katastrophe ernst genommen werden und es so schnell wie möglich einen radikalen Wandel braucht um sie einzudämmen.
Es wäre widersinnig in der jetzigen Situation mit Blick auf die Erfahrungen in China, Italien und Iran die Erkenntnisse der Expert_innen zu ignorieren und so weiter zu machen wie bisher.

Als Libertäre sind wir sicherlich die letzten, die sonst dafür plädieren Freiheit derart einzuschränken. Wenn wir aber ablehnen, dass sich Ärzt_innen in Krankenhäusern nach dem Prinzip „Survival of the Fittest“ entscheiden müssen, bei wem es sich mehr „lohnt“ an ein Atem-Gerät angeschlossen zu werden um zu überleben und wer stirbt, dann liegt es nun an allen verantwortlich zu handeln.
Solidarität soll keine Phrase sein, sondern gelebt werden.
Das heißt: soziale Distanznahme, Symptome ernst nehmen, viel Händewaschen und Verantwortung übernehmen. Wenn ihr gesund seid und die soziale Distanznahme ernst genommen habt, dann überlegt wie ihr Menschen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, zur Risikogruppe gehören oder bereits unter Quarantäne³ stehen trotz Kontakt-Vermeidung unterstützen könnt.

Die Corona-Krise mitsamt der Maßnahmen der sozialen Distanznahme, kann auch eine Krise für politische Aktivist_innen bedeuten, wenn Treffpunkte, Plena und der Druck auf der Straße durch Demonstrationen wegfallen. Sie kann aber auch eine Chance werden. Das Versagen des Staates wird allen deutlich, die Unterfinanzierung von Bildung und Gesundheit kann nicht mehr wegdiskutiert werden. Die Marktwirtschaft beweist einmal mehr wie krisenanfällig sie ist.
Wir müssen nun ausprobieren, wie Lernen anders möglich ist. Wir können uns fragen, was kann ich tun? Wir brauchen nun neue Formen der Organisation. Wer kann beispielsweise eine sichere Online-Plattformen schaffen, in der Austausch möglich wird? Selbstorganisation und Solidarität müssen wir jetzt praktisch umsetzen, auch wenn das vielleicht anders aussieht, als wir es und bisher vorgestellt haben. Wenn wir das gut schaffen, dann haben wir nicht nur die Chance die Corona-Krise einzudämmen. Wir haben die Chance Menschen zu vernetzen und einen Grundstein zu legen, auf dem wir zukünftig gemeinschaftlich Bildung, Haus-, Care- und Lohnarbeit, sowie Hilfe für Erwerbslose koordinieren können. Die Chance besteht, dass sich durch / nach der Corona-Krise das Gesundheits-. Bildungs- und Sozial-System neu strukturieren muss. Positiv oder negativ.

Doch trotz dass die Corona-Krise das Leben vieler Menschen gerade radikal verändert und die Nachrichten logischer Weise damit überflutet sind, dürfen wir andere Themen nicht aus dem Blick verlieren. So gerät die Situation der Geflüchteten an der EU-Außengreneze und die dafür verantwortliche EU-Abschottungspolitik mehr und mehr in den medialen Hintergrund. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns weiterhin informieren und (online) diskutieren wie wir in der jetzigen Situation dennoch Druck aufbauen können.

Diese Krise verdeutlicht außerdem einmal mehr, was wir beim feministischen Streik thematisiert haben. Es sind die Arbeiten, die vor allem von Frauen geleistet werden, die für die Gesellschaft unverzichtbar sind. Kassierer_innen im Supermarkt, Krankenpfleger_innen und Erzieher_innen schultern diese Situation. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Personalmangels waren nicht annähernd wirksam. Die Privatisierung des Ausbildungs- und Gesundheitssystems verschlimmerte die Lage. Die Lohnlücke (Gender Pay Gap) liegt bei 20 Prozent. Heute, am 17.März ist Equal Pay Day, an dem darauf aufmerksam gemacht werden soll, dass Frauen durchschnittlich noch immer weniger verdienen.
Solidarität heißt also, reißt euch zusammen und hört auf die Expert_innen, tragt Care- und Repro-Arbeit³ weg und verdammt noch mal kämpft für die Erhöhung der Löhne im sozialen und gesundheitlichen Bereich, sowie für die Abschaffung das Ausbildungsgelds und Schaffung vergüteter Ausbildungs-Plätze!

Flachen wir gemeinsam die Kurve ab!

¹ Virolog_innen = Wissenschaftler_innen, die sich mit Viren beschäftigen
² Quarantäne = vorübergehende Isolation von Personen, um Krankheitsverbreitung einzudämmen
³ Repro-Arbeit (Reproduktions-Arbeit) = Tätigkeiten, die dazu dienen Arbeitskraft wiederherzustellen z.B. Einkaufen, Essen kochen, Kinder aufziehen
Care-Arbeit = Pflege- und Sorge-Arbeit z.B. Kümmern um alte und kranke Menschen