Arbeitskonflikt in TagZwei-Bäckerei: Standards einhalten – Gegen Arbeitsbedingungen von vorgestern

 

Aktuell befinden wir uns in einem Arbeitskonflikt mit dem Chef der TagZwei-Bäckerei auf der Kamenzer Straße. Das Unternehmen vertreibt Backwaren anderer Bäckereien vom Vortag, um der Lebensmittelverschwendung entgegen zu wirken. Eigentlich ein schönes Konzept. Leider sind auch die arbeitsrechtlichen Auffassungen des Chefs von Vorgestern. Die FAU Dresden fordert die Auszahlung ausstehender Löhne, die Auszahlung von Urlaubsentgelt und die Rücknahme eine illegalen Kündigung für eine Beschäftigte. Wir raten Kund_innen zu überlegen, ob sie während der Dauer des Arbeitskonfliktes wirklich die Bäckerei aufsuchen wollen und bitten um rege Teilnahme an der Protestkundgebung am 24. Juli um 15 Uhr auf der Kamenzer Straße 42b (vor dem Laden). Außerdem freuen wir uns über solidarische Begleitung der Güteverhandlung am 31. Juli um 10:45 Uhr vorm Arbeitsgericht Dresden, Hans-Oster-Straße 4.

Der Konflikt

Bei diesem Konflikt geht es leider nicht um die großen Verbesserungen in der Arbeitswelt, im Gegenteil, es geht um die Einhaltung grundsätzlicher Arbeitsrechtsstandards: Arbeitsstunden müssen bezahlt werden, Urlaubsentgelt steht uns auch im Minijob zu, für fristlose Kündigungen gibt es klare Kriterien. Von all diesen Standards will der Unternehmer J. Zscheile nichts wissen. Und das obwohl er gleichzeitig behauptet, Vertrauensmann und Betriebsratsmitglied bei der Deutschen Post zu sein. Gekündigt wurde unserem Mitglied wahrscheinlich aus zwischenmenschlichen Konflikten heraus. Obwohl für Kleinbetriebe ein sehr unternehmer_innen-freundliches Kündigungsrecht gilt, ist die ausgesprochene Kündigung aus verschiedensten Gründen gegenstandslos. Bei der Überprüfung des Arbeitsverhältnisses stellte sich heraus, dass auch eine Vielzahl von Zahlungen durch Herrn Zscheile vorenthalten wurden. Trotz seiner angeblichen Betriebsratsposition leugnete er dabei immer wieder grundsätzliche arbeitsrechtliche Fakten und verbreitete gegenüber seiner eigenen Belegschaft Falschinformationen.

Anfang Juli trafen wir uns zu einem Gespräch mit Herrn Zscheile, nachdem er uns erbost wegen unserer Arbeitsrechtsplakate angerufen hatte. In diesem Gespräch, dass eigentlich dazu dienen sollte, eine gemeinsame Lösung für das Problem zu finden, zeigte Herr Zscheile keinerlei Verhandlungsbereitschaft in Bezug auf unsere Forderungen. Stattdessen unterbrach er die gewerkschaftlichen Vertreter_innen andauernd, beschimpfte das betroffene Mitglied und leugnete das Arbeitsrecht.

Er behauptete, dass er den Betrieb schließen müsse, sollten wir unsere Forderungen durchsetzen können und versuchte damit die Kolleg_innen unseres Mitglieds gegen uns aufzubringen. Eine Überprüfung der wirtschaftlichen Kennziffern des Betriebes (soweit möglich) ergab keinerlei Anhaltspunkte für eine so massive Schieflage des Unternehmens – es geht hier um Forderungen in Höhe von einigen wenigen Tagesumsätzen. Sollte der Betrieb diese Summe tatsächlich nicht aufbringen können, läge hier klar Insolvenzverschleppung vor. Sehr viel wahrscheinlicher handelt es sich jedoch um einen Bluff und den Versuch emotionaler Erpressung. Dafür spricht auch, dass er auf das mehrmalige Angebot der Ratenzahlung mit keinem Wort einging und die Mär von der potentiellen Abwicklung des Betriebes gebetsmühlenartig wiederholte. Wir fordern Herr Zscheile auf, seine Bücher offen zu legen und die wirtschaftliche Lage des Betriebes zu erklären. Allen Kolleg_innen bieten wir an, sie bei der Geltendmachung ausstehender Forderungen und der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz zu unterstützen, sollte der Betrieb tatsächlich abgewickelt werden.

Die Forderungen fallen zu lassen, kommt für uns nicht in Frage, denn jede Unterschreitung der gesetzlichen Mindestregelungen setzt alle anderen vergleichbaren Betriebe wirtschaftlich unter Druck, die sich um bessere Arbeitsbedingungen bemühen. Für Projekte, bei denen der soziale und nicht der wirtschaftliche Gesichtspunkt im Fokus steht, eignen sich andere Organisationsformen, bspw. Vereine und Kollektive, in denen alle Beteiligten gleichberechtigt mit entscheiden können. Wer jedoch hierarchische, kommerzielle Organisationsformen wählt, muss auch seinen unternehmerischen Pflichten nachkommen. In solchen Fällen ist es langfristig besser Dumping-Unternehmen gewerkschaftlich vom Markt zu nehmen als eine Verschlechterung der Branchenbedingungen insgesamt zu tolerieren.

Unser Vorgehen

Mit einer Kundgebung und Öffentlichkeitsarbeit wollen wir Herrn Zscheile die Ernsthaftigkeit unseres Anliegens deutlich machen und hoffen, dass er zur Vernunft kommt. Sollte er weiterhin auf seinem Standpunkt beharren, dass die mageren Mindestrechte für Beschäftigte im Kleinbetrieb und Minijob für ihn keine Gültigkeit haben, werden wir parallel den gerichtlichen Weg bestreiten und dabei – unter wesentlich höheren Kosten für ihn – sehr sicher Recht bekommen. Wir freuen uns über Unterstützungsangebote von solidarischen Kolleg_innen, das wichtigste bleibt aber: Frühzeitg selbst organisieren, in Arbeitskampfkassen einzahlen, sich weiter bilden und ein Netzwerk über die Betriebe hinweg schaffen. Dann reden wir irgendwann vielleicht weniger über Arbeitsbedingungen von vorgestern und mehr über die solidarische, selbstverwaltete Welt von morgen.