Erneut unterstützen wir einen Flink-Arbeiter, der unrechtmäßig entlassen wurde. Seine Geschichte lest ihr hier.
for english version follow this link
Bob Nelson sagte einmal: „Mitarbeitermotivation ist gleich Summe der Interaktionen mit dem Vorgesetzten (Arbeitgeber)“.
Ein Angestellter durchlebt zwangsläufig emotionale Traumata in einem Unternehmen, in dem alle Arbeitsabläufe lediglich auf Profit-maximierung ausgerichtet sind und auf Kosten des Wohlbefindens – der Sicherheit, der Glücks usw. – der Angestellten gewirtschaftet wird.
Ich kann ohne Angst vor Widersprüchen sagen, dass die FLINK Expansion 31 GmbH, Deutschland, dieses Bild ausstrahlt. In über eineinhalb Jahren als Fahrer für FLINK in einem studentischen Teilzeitjob wurde meine Sicherheit vom Management fast immer missachtet: Von schlechter Arbeitsausrüstung (vor allem bei schlechten Wetterbedingungen wie Schnee im Winter) bis zu fehlenden Rückmeldungen des Managements, wenn Mitarbeiter:innen um Klärung und Unterstützung baten.
Eines der größten Traumata, das jede:r Mitarbeiter:in bei FLINK durchlebt, ist die ständige Angst vor der Kündigung. Diese Angst ist so groß, dass sich sogar alle fürchten, dem Management Arbeitsunfälle zu melden. So wurde beispielsweise ein Fahrer entlassen, kurz nachdem er bei der Auslieferung eines Artikels an einen Kunden in einen Unfall verwickelt war. Es gab keinen Grund für seine Kündigung, außer vielleicht, dass dieser Fahrer seit mehr als einem Jahr bei FLINK arbeitete. Aber hey, diesmal war alles ein bisschen anders. Sie rechneten nicht damit, dass es Menschen gab, die ein solches Vorgehen nicht hinnehmen würden: die FAU in Dresden.
Mit der Unterstützung und Beratung der FAU konnte dieser Fahrer sein Recht vor Gericht durchsetzen. Ähnliche Fälle gab und gibt es bei FLINK zuhauf, doch leider handelt es sich bei den meisten Betroffenen um ausländische Studierende, die das deutsche Arbeitsrecht kaum kennen und verstehen: „Ich bin Student, ich bin zum Studieren hierher gekommen, ich kann mir den Stress nicht antun, FLINK herauszufordern, und ich habe auch nicht die Mittel dazu“, hört man meist von den FLINK-Mitarbeiter:innen, die solche beschissenen Erfahrungen gemacht haben und bis heute machen. Vielleicht hat FLINK aber auch erkannt, dass die Mehrheit der Angestellten nicht in der Lage ist, sich gegen sie zu wehren und ihre Rechte wahrzunehmen. Und dabei stellt FLINK jeden Tag neue Rider:innen ein! Jeden Tag Leute zu entlassen (am besten, solange sie sich noch in der Probezeit befinden) und gleichzeitig neue Mitarbeiter:innen einzustellen, lässt mich bestimmte Motive vermuten: Wahrscheinlich versucht FLINK, sich seiner Verantwortung gegenüber den eigenen Mitarbeiter:innen zu entziehen und ihnen ihre grundlegenden Rechte, wie z. B. Jahresurlaub, zu verwehren.
Nun zu meiner Geschichte. Ich bin seit dem 01.09.2021 bei FLINK als Rider beschäftigt. Als Fahrer trug ich zum Wachstum des Unternehmens bei, indem ich Bestellungen pünktlich an unsere Kund:innen auslieferte – anfangs innerhalb von 10 Minuten! Ja, innerhalb von 10 Minuten, unabhängig von der Entfernung zwischen dem Hub und der Adresse des Kunden bzw. der Kundin. Als Fahrer musste man notfalls fliegen, denn wer eine Minute länger als die versprochenen 10 Minuten brauchte, galt als untauglich für den Job. Dabei vergaß FLINK, dass wir Fahrer:innen uns die Straßen mit anderen Fahrzeugen teilen und dass schon der kleinste Fehler uns das Leben kosten kann. Aber hey, das war ihnen egal. Sie änderten die 10-Minuten-Lieferpolitik nicht aufgrund der Beschwerden der Fahrer:innen, sondern weil sie rechtlich gesehen von den Kund:innen für den Bruch ihres 10-Minuten-Versprechens hätten belangt werden können. Dabei war es unmöglich, eine Bestellung innerhalb von 10 Minuten an jede Adresse im Umkreis von 5 km zu liefern. Dazu kam, dass wir Fahrer:innen die langen Strecken mit einem Rucksack zurücklegen mussten, der manchmal bis zu 20 kg wog. Dabei kam es immer wieder zu Unstimmigkeiten zwischen den Fahrer:innen und der Schichtleitung. Als Fahrer:in durften wir uns nicht über die schwere Last beschweren. Trotz all dieser Herausforderungen hielten einige von uns dem Unternehmen die Treue und trugen zu seinen Erfolgsgeschichten bei.
Als Teilzeitkraft sollte ich 20 Stunden pro Woche arbeiten. Oft bekam ich aber wochenlang gar keine Schicht zugeteilt und wurde auch nicht bezahlt, weil FLINK der Meinung war, wer nicht arbeitet, wird auch nicht bezahlt. Nur: Habe ich etwa gesagt, ich wolle nicht arbeiten? Oder wurde mir eine Schicht zugewiesen, zu der ich nicht gekommen bin? Was habe ich falsch gemacht? In meinem Vertrag steht eindeutig eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden. Und wie, glaubt Flink, sollen wir als Studierende so unsere Rechnungen bezahlen? Aber das war nur der Anfang der Unterdrückung auf Arbeit, die wir erleben mussten. Diejenigen, die das Hub-Management herausforderten, wurden schneller entlassen. Es folgten massenhafte, unrechtmäßige Kündigungen. Jeden Tag wachten wir in Panik auf: Panik vor der Kündigung unserer Arbeitsverträge. Und so verstummten die Stimmen, die ihre Rechte am Arbeitsplatz einforderten, wie ein Ballon, aus dem man die Luft lässt.
Um meine Kündigung in die Wege zu leiten, teilte mir die Geschäftsleitung von FLINK im August 2022 mit, dass sie meinen Arbeitsvertrag kündigen würden, da meine Aufenthaltsgenehmigung am 30.09.2022 ausliefe. Ich zeigte ihnen meinen Termin für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bei der Ausländerbehörde Dresden. Am 22. September 2022 erhielt ich meine neue Aufenthaltserlaubnis und lud sie auf dem Flink-Mitarbeiterportal als Nachweis für mein Aufenthalts- und Arbeitsrecht in Deutschland hoch. Mitte Oktober 2022 teilte mir Flink erneut mit, dass ich bereits 120 Tage gearbeitet habe und dass ein Student nach deutschem Recht nur bis zu dieser Stundenzahl arbeiten darf – eine neue Strategie: vielleicht weil ihr erster Plan nicht funktioniert hat.
Ich habe nicht damit gerechnet, dass sie meinen Vertrag im November 2022 mit der Begründung kündigten, dass ich schon 120 Tage im Jahr 2022 gearbeitet habe und habe es auch nicht verstanden, denn laut unserem Vertrag wussten beide Parteien, dass ich Student bin. Ja, das Gesetz besagt, dass ich nur 120 Tage im Jahr arbeiten darf. Aber ich habe mich gefragt, wieso FLINK als Arbeitgeber davon vorher nichts gewusst hatte? Wussten sie nicht, dass meine Tage gezählt waren, während ich mich für das Wachstum des Unternehmens einsetzte? Warum hat man uns nicht gleich zu Beginn gesagt, dass man uns nur für die besagten 120 Tage im Jahr beschäftigen würde, anstatt einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit uns abzuschließen? Hätte man mich nicht auffordern können, die Arbeit im folgenden Jahr (2023) wieder aufzunehmen, als ich meine Arbeitszeit für das Jahr 2022 ausgeschöpft hatte? Das Kündigungsschreiben, das mir ausgehändigt wurde, war auf den 02.12.2022 datiert.
Vor der Kündigung hatte ich meinen Jahresurlaub für 2022 beantragt, der mir ab dem 28.11.2022 gewährt wurde. Am 18.11.2022 stornierte und löschte Flink jedoch diesen Nachweis über die Gewährung des Jahresurlaubs aus ihrem Portal, auf das ich Zugriff hatte. Laut ihrem Kündigungsschreiben vom 02.12.2022 wurde mein Vertrag zum 10.11.2022 gekündigt, was jedoch nicht stimmte. Zwischen dem 14.11.2022 und dem 19.11.2022 wurden mir Schichten von insgesamt 20 Stunden zugewiesen, die ich auch arbeitete. Meine letzte Schicht in dieser Woche war am 18.11.2022 und ich habe an diesem Tag 8 Stunden gearbeitet. Nachdem ich mehrmals versucht hatte, mich nach meiner Schicht an diesem Tag online von der Schicht abzumelden und mir der Zugang zum Portal verweigert wurde, wandte ich mich an die Hub Managerin, um das Problem zu lösen. Man sagte mir, es könne sich um eine Systemstörung handeln, also meldete sie mich manuell ab und bestätigte meine 8-Stunden-Arbeitszeit für diesen Tag. Obwohl ich mehrmals versuchte, eine Erklärung dafür zu finden, warum ich mich nicht erneut auf der Plattform anmelden konnte, um meine Schichten für die folgende Woche einzusehen, erhielt ich nie eine Rückmeldung. Ich schrieb an die Hauptstelle für Mitarbeiteranfragen von FLINK, erhielt aber nie eine Antwort. Da ich meinen Urlaub vorher beantragt hatte und mir dieser auch gewährt wurde, hatte ich eine Reise geplant. Am 01.12.2022 reiste ich aus Deutschland ab und fand bei meiner Rückkehr ein Kündigungsschreiben von FLINK vor, das auf den 02.12.2022 datiert war, einen Tag nachdem ich Deutschland verlassen hatte. Der Grund für meine Kündigung war kurz und bündig: Ich hatte 120 Tage im Jahr 2022 gearbeitet, sodass sie nicht mehr mit mir arbeiten konnten – ohne zu sagen, dass ich die Arbeit nach 2022 wieder aufnehmen könnte und das obwohl ich einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit FLINK hatte.
So endete also meine Geschichte mit FLINK. Ob es nun ein gutes Ende nahm oder nicht, ich bin jetzt zu Hause. Jeden Morgen wache ich auf und denke daran, wie hart ich in sonnigen und regnerischen Zeiten für die Verwirklichung der Ziele von FLINK gearbeitet habe. Unsere Tränen haben wir nie gezeigt, denn aus Angst vor unserem Arbeitgeber FLINK haben wir sie stets zurückgehalten.